Die
olympischen Spiele in
Süd-Korea
Auch wenn es niemand von Euch ahnt – ich
habe eine persönliche Beziehung zum Koreanischen ! Noch vor einem Jahr hätte auch ich das nicht
für möglich gehalten.
Wie es dazu kam und was mich an dieser
Kultur und Sprache berührt, möchte ich mit Euch teilen.
In größeren Abständen schaute ich mir mit
meinem Sohn eine koreanische Serie mit Untertiteln an. Im letzten Herbst merkte
ich dabei, wie sehr ich es vermisst hatte, Koreanisch zu hören. Nur aus
Interesse erkundigte ich mich, ob es in St. Gallen einen Koreanisch-Kurs gibt.
Und wie für mich gemacht, wurde in der Migros-Klubschule (eine Art
Volkshochschule) erstmals ein Anfängerkurs angeboten.
Der Kurs war anspruchsvoll, aber meine
Begeisterung mobilisierte ungeahnte Kräfte. Zwischen 6 und 10 Stunden in der
Woche übte und lernte ich und es ist kaum zu beschreiben, welches Gefühl von
Erfüllung ich dabei erleben konnte.
Die
Flagge von Süd-Korea
Der weiße Hintergrund symbolisiert den
Frieden. Das Yin-Yang-Zeichen in der Mitte ist wohl allen vertraut als das Symbol
für ein ausgewogene Miteinander aktiver und passiver Lebenskräfte, meistens
gleichgesetzt mit dem Männlichen und Weiblichen.
Zum Kreis hin ausgerichtet stehen die
vier Grundzeichen des aus der chinesischen Kultur stammenden: «I
Ging – das Buch der Weisheit».
Die
vier Elememte und die Grunkräfte im I Ging
Diese 4 Zeichen entsprechen den vier Elementen, wie wir sie aus anderen
Kulturen oder eben auch aus der Astrologie
kennen.
Ich möchte gern etwas näher auf die Bedeutung
dieser Zeichen eingehen, denn diese sagt gleichzeitig eine Menge über die
Wurzeln der koreanischen Kultur aus. Die auf der Flagge gezeigten vier
Grundkräfte des Lebens bilden in verschieden starken Mischungen den Urstoff der
Schöpfung und ebenso für alle Aspekte des Menschseins.
Im «Buch
der Weisheit» bestehen alle 64 Doppel-Zeichen aus 6 Strichen, also zwei mal
zwei Einzel-Zeichen übereinander. Im ersten dieser 64 Doppeleichen, geht es um
die verdoppelte Kraft des «Schöpferischen»
- der Nr.1- und bringt deshalb die zugrundeliegende «Himmels»-Kraft
besonders deutlich zum Ausdruck. Ich möchte diese mit zwei Zitaten aus dem I
Ging verdeutlichen:
«Das
Schöpferische wirkt erhabenes Gelingen, fördernd ist Beharrlichkeit.» (Urteil)
«Des
Himmels Bewegung ist kraftvoll. So macht der Edle sich kraftvoll und
unermüdlich.» (Das Bild)
Kurz angemerkt: «Der Edle» stellt im I
Ging einen Menschen oder den Anteil einer Persönlichkeit dar, der von großer
Reife und Bewusstheit durchdrungen ist.
Astrologisch gesehen entspricht dem Himmel oder dem Schöpferischen das Element
Luft – hier mit einem Feueranteil, ist also nicht 1 Zu 1 übersetzbar. Doch bleibt
es ganz klar ein aktives Element, das über Bewegung und Aktion das Leben gestaltet.
Der Hinweis auf Beharrlichkeit und unermüdliches Dranbleiben entspricht einem
Streben nach einer erlösten, reifen Form dieser geistig-aktiven Energien. Die
Schattenseite dieses Elementes ist, wie im I Ging-Text beschrieben, ein
kurzlebiges Hindurchwehen ohne sichtbare Ergebnisse.
Das
Empfangende / Die Erde
Auch hier ist im I Ging mit einer Verdoppelung übereinander ein Deutungszeichen entstanden – die Nr. 2 Das Empfangende
/die Erde.
Auch hierzu einige Zitate:
Den Satz «Erhabenes Gelingen durch die Beharrlichkeit einer Stute» habe ich aus zwei Sätzen zusammengefügt. Im Bild der Stute zeigt sich die weiblich-mütterliche Kraft dieses Zeichens.
«Hat der Edle etwas zu unternehmen und will voraus, so geht er irre; doch folgt er nach, so findet er Leistung. …. Ruhige Beharrlichkeit bringt Heil.» (Urteil)
Auch hier ist im I Ging mit einer Verdoppelung übereinander ein Deutungszeichen entstanden – die Nr. 2 Das Empfangende
/die Erde.
Auch hierzu einige Zitate:
Den Satz «Erhabenes Gelingen durch die Beharrlichkeit einer Stute» habe ich aus zwei Sätzen zusammengefügt. Im Bild der Stute zeigt sich die weiblich-mütterliche Kraft dieses Zeichens.
«Hat der Edle etwas zu unternehmen und will voraus, so geht er irre; doch folgt er nach, so findet er Leistung. …. Ruhige Beharrlichkeit bringt Heil.» (Urteil)
«Der
Zustand der Erde ist die empfangende Hingebung. So trägt der Edle weiträumigen
Wesens die Außenwelt.» (das Bild)
Das Erdelement als passiv-aufnehmende Kraft braucht eine andere Art der Beharrlichkeit, bzw. Ausdauer wie «der Himmel». Sie liegt in einer inneren Ruhe, die notwendige Zeitabläufe und langfristige Wachstumsprozesse berücksichtigen kann, ohne die Geduld zu verlieren. In solchen Situationen wäre hastiges Agieren und Vorwärtsdrängen schädlich. Es geht darum, sich von den äußeren Gegebenheiten leiten zu lassen. Ich könnte es astrologisch nicht besser beschreiben.
Das Erdelement als passiv-aufnehmende Kraft braucht eine andere Art der Beharrlichkeit, bzw. Ausdauer wie «der Himmel». Sie liegt in einer inneren Ruhe, die notwendige Zeitabläufe und langfristige Wachstumsprozesse berücksichtigen kann, ohne die Geduld zu verlieren. In solchen Situationen wäre hastiges Agieren und Vorwärtsdrängen schädlich. Es geht darum, sich von den äußeren Gegebenheiten leiten zu lassen. Ich könnte es astrologisch nicht besser beschreiben.
Diese Dreiergruppe verdoppelt ergibt die Nr. 29 des I Ging mit gleichem Namen.
Wie schon bei «der Erde» entspricht der Deutungstext eindeutig der
Elemente-Beschreibung in der westlichen Astrologie.
«Das
wiederholte Abgründige. Wenn du wahrhaftig bist, so hast du im Herzen Gelingen,
und was du tust, hat Erfolg.» (Urteil)
«Das
Wasser erreicht sein Ziel durch ununterbrochenes Fließen. Es füllt jede
Vertiefung aus, ehe es weiterfließt. So macht es der Edle. Er legt Wert darauf,
dass das Gute zur festen Charaktereigenschaft wird, nicht zufällig und
vereinzelt bleibt.» ( Im Text zum «Bild»)
Das erste Zitat macht uns auf den Wasser-Aspekt der Seele, des Gefühlslebens des Menschen hin. Dies
ist in der westlichen Astrologie eine wichtige Entsprechung des Wasser-Elements.
Im weiterfolgenden Text wird erläutert, was es braucht, wenn wir in innere Tiefen kommen. Über Vertiefungen
(auch Abgründe) auf dem eigenen Seelengrund nicht schnell hinweggehen
zu wollen und den eventuell ausgelösten
Ängsten standzuhalten, ist der
ersten Schritt. Sie stattdessen durch Aufmerksamkeit mit Bewusstsein zu füllen,
bildet den zweiten Schritt und ist eine reife Art des Umgangs.
Eben
das bewusste Wahrnehmen eigener Abgründe führt zu einem Grad von Ehrlichkeit
sich selbst gegenüber, der als Wahrhaftigkeit bezeichnet wird. (In der
Astrologie dem Wasser-Zeichen Skorpion zugeordnet)
Ist das geschehen, ist es wichtig, sich
nicht unnötig dabei aufzuhalten, sondern im
Fluss zu bleiben und weiterzugehen. «Das
Gute» liegt im Anerkennen eigener Begrenzungen und Fehler, ohne sich darin
festzubeißen oder in Schuldgefühlen zu versinken. Das stärkt den eigenen
Charakter.
Die durchbrochene Linie, umfangen von
zwei durchgezogenen Linien ergibt in verdoppelter Form das I Ging-Zeichen Nr. 30 Das Haftende/Das Feuer.
Hier wird ein spannender Aspekt in Bezug auf die in der westlichen Astrologie übliche Deutung des Feuer-Elements ergänzt, der das bestehende Verständnis erweitert.
Hier wird ein spannender Aspekt in Bezug auf die in der westlichen Astrologie übliche Deutung des Feuer-Elements ergänzt, der das bestehende Verständnis erweitert.
«Das
Haftende. Fördernd ist Beharrlichkeit. Sie bringt Gelingen. Pflege der Kuh
bringt Heil.» (Urteil)
«Das
Dunkle haftet am Lichten und vollendet so dessen Helligkeit. Indem das Helle
Licht ausstrahlt, bedarf es der Beharrlichkeit im Innern, damit es sich nicht
restlos verbrennt, sondern dauernd leuchten kann. Alles Leuchtende in der Welt
ist abhängig von etwas, an dem es haftet, damit es dauerhaft leuchten kann.» (Text Urteil)
«Die
Helle erhebt sich zweimal: Das Bild des Feuers. So erleuchtet der große Mann
durch Fortsetzung dieser Helle die Weltgegenden.» (Das Bild)
Die Beharrlichkeit dieses Elements
besteht im Anhaften an etwas, das ihm Nahrung und Dauerhaftigkeit gibt. Sonst bleibt
es ein Strohfeuer oder aufblitzender
Funke, dessen Helligkeit und Wärme in kürzester Zeit erlischt.
Im Text wird angemerkt, dass das Bild der
Kuh die Fügsamkeit darstellt, die
als eine «freiwillige Abhängigkeit»
im Menschen dahingehend wirkt, zu größerer Klarheit und geistiger Schärfe zu
finden. Für mich ist es auch ein Hinweis auf die notwendige Demut, die
eine «strahlende» Person vor Selbstüberschätzung schützt. Erst dann kann ein
Mensch in der Welt etwas Wesentliches bewirken.
«Das
Schöpferische / Der Himmel»
HAS
Die Flagge Süd-Koreas als Zeichen kultureller Volksweisheit
Dieser Ausflug ins I Ging bildete für
mich ein erstes Zeichen, dass hier eine moderne Kultur existiert, die ihre
spirituellen Wurzeln nicht verleugnet.
Ich möchte darauf hinweisen, dass in den
Zeiten lang vor der Bildung einer astrologischen Geisteswissenschaft, das
Wissen um die vier Elemente (im Chinesischen 5 Elemente) die Grundlage
schamanischer Stammeskulturen in der ganzen Welt war und ist.
Ein weiters Zeichen dafür ist für mich
die 1984 offiziell ausgesprochene Anerkennung
der Meisterschamanin Kim Keum Hwa mit einem, wenn auch sehr pragmatisch klingenden
Titel:
„Wichtiges
Immaterielles Kulturgut Nr. 82“
Dieser Titel
entspricht einer Heiligsprechung zu Lebzeiten.
Der weibliche Schamanismus aus Korea
findet weltweite Beachtung, unter anderem durch die Tanzschamanin Hi-Ah Park, die azusätzlich durch den Film
«Reise in die nächste Dimension» von
Clemens Kuby bekannt wurde.
Der für mich stärkste Ausdruck dieser
Kultur auf der Grundlage eines ganzheitlichen Menschen- und Weltbildes ist
die koreanische Schrift.
Ein
guter König und eine Schrift,
die
den Menschen mit Himmel und Erde verbindet
Im 15. Jahrhundert gab einen König mit Namen Sejong. Es war sein
Wunsch, allen Menschen seines Volkes
zu ermöglichen, Lesen und Schreiben zu lernen. Die chinesische Schrift mit
ihren tausenden von Zeichen konnten fast ausschließlich Personen der
wohlhabenden Klasse erlernen, weil dieses viel Zeit braucht.
So entwickelte er eine logisch
aufgebaute Schrift mit einem einfach nachvollziehbaren Alphabet – Hangul.
In dem Werk «Die richtigen Laute
zur Unterweisung des Volkes» wurde dieses erstmals schriftlich
festgehalten.
Hier zeigt sich eine wichtige Verbindung
zu dem, warum mich diese Sprache derart berühren konnte, dass ich zum ersten
Mal in meinem Leben den Drang verspürte, freiwillig eine Sprache zu lernen.
Schon in der ersten Lektion meines Kurses
bekam ich einen Eindruck davon, dass
diese Schriftzeichen mehr sind als ein einfaches Werkzeug und welche Parallelen
es zur Symbolsprache der Astrologie gibt.
Die Schriftzeichen sind aus drei Grundelementen
zusammengesetzt:
Punkt (in erweiterter Form als Kreis),
waagerechter und senkrechter Strich.
Der Punkt
oder Kreis steht symbolisch für den Himmel, der waagerechte Strich für die Erde.
Der senkrechte Strich symbolisiert
den Menschen, der die lebendige
Verbindung zwischen den Kräften von Himmel und Erde bildet.
Immer wieder, wenn mir das ins
Bewusstsein kam, wurde es warm und weit in meinem Herzen. Es gibt tatsächlich
eine in Schrift ausgedrückte Sprache, die diese Dynamik ausdrückt !
Und ich erlebte in der täglichen Übung diese
Schrift einen meditativen Zustand, der mich
eine tiefe Ruhe und Präsenz im Augenblick erleben ließ.
Nun zur Parallele in der westlichen
Astrologie: Die Symbole der Himmelskörper
(vereinfacht gesagt, die Planeten) sind zusammengesetzt aus dem Punkt oder Kreis, dem Halbkreis, der sich aus Teilung durch
einen waagerechten oder senkrechten Strich ergibt und das gleichschenklige Kreuz (waagerecht und
senkrecht).
Punkt
oder Kreis symbolisieren dabei das geistige
Prinzip (Himmel), den Halbkreis als
seelisches Prinzip und damit den
bewusst fühlenden, berührbaren Menschen
und das Kreuz für die Materie, das konkret Irdische (Erde). Im Menschen steht es auch für die Dreiheit
von Körper, Seele und Geist.
Es gibt noch einige Beispiele aus der
koreanischen Sprache, soweit sie sich mir in den wenigen Monaten erschlossen haben, die über die Schrift
Hangul hinaus zeigen, wie tief die Kultur in einem spirituellen Verständnis
verwurzelt ist – auch wenn im modernen Süd-Korea alle Erscheinungen und auch
Auswüchse der heutigen Zeit gelebt werden, die sich auch anderswo zeigen. Es
geht also nicht um eine Idealisierung.
Doch
erscheint es mir bedeutsam, dass im ganzheitliches Potential dieses Volk und
dieser Kultur alles vorhanden ist, um tatsächlich der olympischen Botschaft
eines friedvollen Miteinanders der Menschen aus aller Welt neu zu beleben.
Die Spaltung Koreas in zwei sich
bekämpfende Parteien ist für mich Abbild der klaffenden Risse, die überall auf
der Welt mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck kommen. Ich hoffe und wünsche
dem koreanischen Volk, dass eben dieses tiefe, zeitlose Wissen um die Einheit
allen Lebens einen Weg erschafft, der Feindschaft überwindet und wahren Frieden
entstehen lässt.
Ich danke Euch
für Euer Interesse.
Gamsa
hamnida.