Beschreibung

Astrologie - Transpersonale Psychologie -Psychosynthese - Ganzheitliche Pädagogik - Lebenssinnfragen - Menschsein im neuen Zeitalter

Freitag, 13. September 2013

Widder-Ideale, die Generationen verbinden: Eine weitere autobiographische Geschichte


OPA und BILLE:

Marine, Morsezeichen, und wahre Kameradschaft 

- und was das alles mit Winnetou zu tun hat



Zum Inhalt

Teil 1

- Stabsfunkmeister Fiedte und sein kleiner Matrose
- "De-daa-de-did", Morsezeichen und Funkerliebe
- Seemannsgarn und Opa, der Held
- Wunden des Krieges: Schreckliche Wahrheiten und erlösendes Lachen
- Marschmusik und "Stillgestanden!": Matrose in spe
- Kameradschaft ist das höchste Gut
- Ein Held ist sich für nichts zu schade: Opa in der Küche- Ein Smutje und seine Kombüse
- Der Tannbaum
- Nachträgliche Ordensverleihung für einen liebevollen Opa

Teil 2

- Widderkind, Indianerherz
- Winnetou und Old Shatterhand, Blutsbruderschaft als Ideal
- "Semper fi": Marineleitspruch und Karl May
- Kameradschaft in heutiger Zeit - Ein Auslaufmodell?
- Eine Widdervision, die Menschen verbindet


Teil 1

Stabsfunkmeister Fiedte und sein kleiner Matrose


"Fiedte" heißt Friedrich auf Plattdeutsch und so wurde er von allen genannt, die ihn nicht Papa oder Opa nannten. Nach und nach wurde er der Opa von 6 Enkelkindern, doch nichts war vergleichbar mit der besonderen Beziehung zwischen Sibylle, Bille genannt, und ihrem Opa. Beide waren glücklich, wenn sie beieinander waren. 
Mit unendlicher Geduld hatte er ihr beigebracht, den schwergängigen Dreh-Lichtschalter zu benutzen und somit Macht über Licht und Dunkelheit zu gewinnen. Sein Entzücken war mindestens so groß wie das von seiner "Bille-Maus", wenn es ihr gelang. Seine Bewunderung über diese Tat war aufrichtig und gab Bille das Gefühl, für ihn das Größte zu sein. Bei allen weiteren Fortschritten in ihrem Leben war es weiterhin  so und ließ beide immer wieder strahlen.




In Opas Bücherschrank waren nicht nur Bücher. Es gab eine freie Reihe mit Andenken an Opas Zeit bei der Marine. Opa war in zwei Weltkriegen Soldat gewesen, hatte jedoch kaum je mit einem Gewehr gekämpft, denn er war Funker mit Leib und Seele. Mehrere Orden lagen auf kleinen Samtkissen und ein Morsegerät stand daneben. Manchmal durfte Bille die Orden herausnehmen und genau anschauen. Sie waren aus dem zweiten Krieg. Im ersten großen Krieg war er noch ganz, ganz jung gewesen und hatte für "unseren Kaiser Willem" gekämpft. Es hörte sich immer an, als hätte Opa ihn richtig lieb gehabt. Der Kaiser muss sicher ein ganz besonderer Mensch gewesen sein, wenn Opa so von ihm sprach, dachte Bille.

Opas Tochter Ursula ("Die Bärenstarke" und eine Widderfrau), war Billes Mutter und strickte für ihre Tochter einen Sommer-Matrosenanzug und nähte ihr ein wunderschönes Matrosenkleid. Beides hatte einen Kragen wie ihn Matrosen an ihrer Uniform haben und Opa nannte sie dann nicht mehr nur liebevoll "Bille-Maus", sondern auch "mein kleiner Matrose". Die Mode, alle Begriffe in weiblicher Form zu sagen , gab es damals noch nicht und im wirklichen Leben gab es auch keine Matrosinnen. Aber das machte Bille gar nichts. Sie war gern Opas Matrose. Als Widderkind war sie sowieso nicht so typisch mädchenhaft wie andere. Sie spielte gern mit Autos und kletterte auf Bäume, sobald sie groß genug war.


"De-daa-de-did", Morsezeichen und Funkerliebe

Manchmal nahm Opa die Morsetaste heraus und zeigte seiner Enkelin, wie sie lange und kurze Zeichen damit geben konnte. Dann brachte er ihr das Morsealphabet und einige wichtige Morsekombinationen bei, die ein Seemann wissen musste, sowas wie SOS. Doch was als Einziges wirklich in Billes Gedächtnis blieb, war: 

"De-daa-de-did, de-daa-de-did". 
Das heißt: "Ich liebe dich". 

Opa erzählte dazu immer rührende Seemanns-Liebesgeschichten, die Bille zu Herzen gingen. In den Geschichten ging es um einsame Matrosen auf hoher See, die ihn als Funker baten, ihren Mädchen und Frauen Liebesgrüße zu schicken. 

Mit verschwörerischem Flüstern weihte er seinen kleinen Matrosen ein, dass er außer seiner Frau auch anderen schönen Mädchen "de-daa-de-did, de-daa-de-did" gemorst hatte, die in fremden Häfen um "ihren Fiedte" weinten. Das tat Bille sehr leid für sie - aber so ist das unter Matrosen. Und es war Ehrensache, dass sie darüber Stillschweigen bewahrte.



Seemannsgarn und Opa, der Held


Sicher konnte niemand so toll Seemannsgarn spinnen wie Billes Opa. Seine Geschichten waren mal rührend, mal abenteuerlich, zum Weinen und zum Lachen. Sie enthielten soviel Wahrheit, dass nie ganz deutlich wurde, wie viel dazu gesponnen war. Dadurch wog Trauriges und Spannendes weniger schwer. Bille konnte ja immer noch denken, dass es in Wirklichkeit vielleicht weniger schlimm war.

In vielen Geschichten war Opa ein sehr mutiger, toller Mann, der sich zusammen mit den anderen Matrosen ganz viel traute. Er war von ganz großen Schiffen mit Kopfsprung ins Meer gesprungen und hatte für die Mädchen in den Häfen dieser Welt auf dem Grund des Hafenbeckens nach Münzen getaucht, die er ihnen schenkte. Dann haben sie ihm schöne Augen gemacht, weil sie ihn so toll fanden. Aber in Uniform fanden sie ihn oft noch schöner. So hatte sich Billes Oma Christine auch in den "schmucken Funker Fiedte" verliebt.

Eines Tages, Bille war etwa zehn Jahre alt, kam der Tag, da wurde sein Können auf die Probe gestellt. Da war er schon über 70 Jahre alt und hatte ein rundes Bäuchlein. Zusammen gingen Oma und Opa mit Bille und einem Nachbarsmädchen in ein Schwimmbad. Stolz erzählte Bille ihrer Freundin von Opas Heldentaten bei der Marine und bat schließlich ihren Opa, doch wenigstens einmal für sie eine Münze aus dem Schwimmbecken zu holen. 
Erwartungsvoll blickten die Beiden ihn an. Das appellierte an sein Ehrgefühl. Er warf eine Münze ins Becken und ohne sich nach dem Weg in heißer Sonne abzukühlen, sprang er kurzentschlossen mit einem Köpfer ins Wasser, tauchte auf den Grund und überreichte Sibylle die Münze. 
Opa konnte es wirklich! 
Das war kein Seemannsgarn! 
Sie war so stolz auf ihn! 
Und ihre Freundin guckte ihn ehrfürchtig an.

Nur Oma war entsetzt. Sie hatte erst gemerkt, was geschah, als es zu spät war. Sie hatte sich furchtbar erschrocken, wurde wütend und schimpfte eine ganze Zeit auf ihn ein. Wie konnte sie nur in aller Öffentlichkeit mit Billes Helden schimpfen?! Opa trug es mit Fassung und zwinkerte den Mädchen hinter Omas Rücken zu. Da war alles wieder gut.


Wunden des Krieges: Schreckliche Wahrheiten und erlösendes Lachen


Doch das "Kriegerleben" hatte auch Verletzungen hinterlassen, körperlich und seelisch. 

Wenn "Bille-Maus" bei den Großeltern übernachtete und in der Nacht aufs Klo musste, fand sie oft ihren Opa in der Küche vor, wo er mit kalten Umschlägen seine Beine kühlte. Wie viele Seeleute damals hatte er durch Vitaminmangel Skorbut bekommen, was nie mehr wegging. Tiefe, vernarbte Kuhlen und neue offene Stellen überdeckten die Beine und es juckte ihn ganz schrecklich. - Und er schlief nur mit sehr, sehr starken Schlafmitteln.



Er war viele Jahre als Funker auf einem Minsuchboot gewesen, um Seeminen der Feinde zu entschärfen - "Himmelfahrtskommando" genannt. So kamen in seinen Geschichten immer wieder tieftraurige Episoden vor, wo Nachbarboote in die Luft flogen und er mit den anderen viele gelbe Schwimmwesten mit nickenden Köpfen in den Wellen entdeckte. Dann wussten sie immer, dass sie wieder nur tote Kameraden bergen würden. 
Das war ein schwerer Stoff für ein kleines Mädchen, doch hatte ihr Opa eine besondere Gabe. Er fand immer einen Weg, der Geschichte am Schluss eine Wende zu geben, die einen komischen Aspekt hatte. Er verstärkte es mit Grimassen, bis er mit Bille-Maus herzlich lachen konnte.

(Foto: In Laboe an der Ostsee am Kriegerdenkmal für gefallene Marinesoldaten)



Marschmusik und "Stillgestanden!": Matrose in spe


Opa liebte Marschmusik. Marschmusik ist Widder-Musik und Bille mochte sie sehr. Marschmusik ist zum Marschieren da und so marschierten Opa und Bille-Maus gemeinsam im Wohnzimmer auf und ab. Da gab es viele 180°-Wendungen, die sich hervorragend zum Üben eigneten: 
"Links um!" rief Opa, Bille sortierte in sich links und rechts und schwenkte um, oft mit ziemlichem Wackeln und Schwanken. Das gab viel Anlass für Gelächter. "Stiill-gestanden!" beendete den Marsch, aber nicht ganz. Bille lernte schnell, dass sie nun pfeilgerade, mucksmäuschenstill dastehen musste bis Opa "Rührt euch!" rief. Das ist für ein Widderkind eine große Leistung, denn es wird schnell ungeduldig. Doch Opas Lob wog alles auf.

Manchmal machte Oma dem Ganzen ein früheres Ende. Sie rief "Fiedte, jetzt ist genug!" Erst als Erwachsene begriff Bille, dass ihre Oma aufgepasst hatte, dass Opa sie nicht zu sehr in seine Kriegsvergangenheit zog. Damals fand sie das  schade, weil es doch so Spaß machte.


Kameradschaft ist das höchste Gut

Und dann gab es da diese ganz besonderen Momente tiefer Verbundenheit, die Bille niemals mehr vergaß. Einer dieser Momente war am Ende einer Marschübung, in der Opas kleiner Matrose sich im zackigen Marine-Soldatengruß versuchte. Endlich gelang es:

Hacken mit Schwung zusammengeschlagen, Rücken durchgedrückt und gleichzeitig die Fingerspitzen der gestreckten Hand mit Schwung an die imaginäre Matrosenmütze, dabei den Ellbogen im richtigen Winkel!

Bille schaute gespannt zu ihrem Opa auf. 
Plötzlich wurde sein Blick ganz weich und voller Liebe in seiner Stimme sagte er: 
"Ja - aus dir wird mal ein wirklich guter Kamerad."

Sie spürte, dies war das größte Lob, dass sie von ihm bekommen konnte und sie spürte auch, dass er damit viel, viel mehr meinte, als einen gelungenen Gruß. Es hatte mit etwas zu tun, was zwischen Menschen entstand, die füreinander einstehen und sich in schweren Zeiten beistehen, die sich gegenseitig respektieren, die miteinander durch dick und dünn gehen, die Lachen und Weinen teilen. 

Für Opa war Kameradschaft das höchste Gut, so bedeutsam wie wahre Liebe!



Ein Held ist sich für nichts zu schade:
Opa in der Küche - Ein Smutje und seine Kombüse


Opa kochte gern und machte gern Küchenarbeit. Als echter Seemann bezeichnete er sich entsprechend als "Smutje", also als Schiffskoch und die Küche wurde zur "Kombüse", der Schiffsküche.

Während Oma als Widderfrau (wie Tochter und Enkelin) lieber Sachen kochte, die schnell gingen, kochte er Gerichte, die viel Zeit und Ruhe brauchten und in Mengen, die viele Gäste brauchten. So gab es immer wieder große Familienessen. Der große Kartoffelpott (Pott: plattdeutsch Topf) kam unter die Federdecke ins Bett, damit sie heiß blieben, bis alles soweit war.

Abwaschen und Küche aufräumen war für den "Smutje Fiedte" eine meditative Arbeit, bei der er gern allein war und seinen Gedanken nachhing.



Der Tannbaum


Noch etwas tat der Opa von Bille-Maus jedes Jahr einmal allein und tief versunken. Er verschwand für mehrere Stunden im Wohnzimmer, um das Weihnachtszimmer vorzubereiten. Da durfte ihn niemand stören und alle mussten geduldig warten, bis er endlich, endlich mit einer Glocke klingelte.

Die Widder-Frauen der Familie stellte das wirklich auf eine harte Probe. Was konnte er nur so lange darin machen? Als noch kleines Widder-Mädchen fand Bille das wirklich schwer auszuhalten und so versuchte sie, wenigstens durchs Schlüsselloch etwas zu entdecken.

Sie stand da, fertig im schönen Matrosenkleid und frisch gekämmt. Toben kam nicht in Frage, wo doch Weihnachten war und irgendwie war es schwierig, so lange stillzuhalten.


Dann war es endlich soweit. Sie durfte reinkommen und sehen, was Opa so lange gemacht hatte. Er hatte einen großen Tannbaum geschmückt. Jede Kugel, jede Kerze und jeden einzelnen Lamettastreifen hatte er im Baum hin und her gehängt, bis es genau so geworden war, wie es sein musste. Opa war ein Ober-Tannbaumschmücker.

Andächtig bewunderte Bille-Maus Opas Werk,
denn ein schöner Tannbaum ist mindestens so wichtig wie Singen und Geschenke.




Nachträgliche Ordensverleihung für einen liebevollen Opa

Opa erhielt einige Orden für seinen Dienst in der Marine. Aber was ihn als Menschen so besonders machte, war seine liebevolle, humorvolle Art, seine Positivität, obwohl er auch sehr ernst sein konnte. Es gehörte zum Alltag, dass er seiner Frau zärtlich die Hand hielt und sie streichelte. Er konnte gut zuhören und gut erzählen. Alle in seiner großen Familie (er war das 13. von 17 Kindern) wussten, dass sie sich auf ihn verlassen konnten.

Und er war ein wundervoller Opa für alle seine Enkelkinder und wenn jemand Bille gefragt hätte, wen sie am Meisten liebte, hätte sie ganz klar "Opa" gesagt. Von Herzen hat er einen Orden für seine herausragenden Fähigkeiten als Opa verdient.



Nun ist dieser 1. Teil so lang geworden,
dass ich Teil 2 lieber in einem eigenen Blogbeitrag bringe.

Danke für Eure Geduld, meiner langen Erzählung zu folgen.

Ich hoffe, Ihr versteht, welche menschlichen Werte mir an dieser persönlichen Geschichte so wichtig waren, dass ich sie mit Euch teile.


Ich werde an anderer Stelle nochmal die Widderqkräfte herauskristallisieren und zusammenfassen, damit Ihr sie besser auf Euer eigenes Leben  und Eure Erfahrung mit Widdermenschen übertragen könnt. Ich wollte die Unmittelbarkeit der Geschichte nicht durch Rationalisierungen stören.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen